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Schwarzfahren: In Chemnitz bleibt die Endstation der Knast

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Trotz wachsender Fallzahlen und millionenschwerer Folgekosten hat der Chemnitzer Stadtrat einen Antrag zur Entkriminalisierung des Schwarzfahrens abgelehnt. Die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE wollten erreichen, dass die Chemnitzer Verkehrs-AG (CVAG) künftig auf Strafanzeigen bei wiederholtem Fahren ohne Fahrschein verzichtet. Doch der Antrag fiel mit 42 Nein-Stimmen zu zehn Ja-Stimmen durch. In Leipzig dagegen, hatte der Stadtrat entschieden, auf die Anzeigen zu verzichten.

Rekordzahl an Schwarzfahrern

Allein 2024 erwischten Kontrolleure der CVAG 7.508 Fahrgäste ohne gültiges Ticket – so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. In 2.804 Fällen wurde das Ticket nachgereicht, doch 5.144 Personen mussten eine Geldbuße zahlen. Wiederholungstäter landeten bei der Staatsanwaltschaft: 1.073 Strafanzeigen stellte die CVAG im vergangenen Jahr.

Freiheitsstrafe für 60 Euro

Wer mehrfach ohne Ticket fährt, macht sich strafbar – Paragraf 265a StGB: Erschleichen von Leistungen. Das Gesetz sieht Geld- oder Freiheitsstrafe vor. Ein Hafttag kostet den Staat im Schnitt 140 Euro. Sachsenweit summierten sich allein 2020 und 2021 über 8.600 Ersatzfreiheitsstrafen auf mehr als eine Million Euro jährlich. In Chemnitz wurden in diesen zwei Jahren 1.319 Strafanzeigen gestellt. 

Eine halbe Million Euro Verlust pro Jahr

Der CVAG entgehen laut Stadtverwaltung jährlich rund 500.000 Euro durch Schwarzfahrer. Neben den Kosten für die Allgemeinheit ist der Nutzen des Verfahrens umstritten. Personen, die finanziell nicht in der Lage sind, ein Beförderungsentgelt zu bezahlen werden durch die Haftstrafe ihrem Alltag entrissen und verlieren ihren Job. Die Haftstrafen können bis zu ein Jahr andauern.

Strafrecht statt sozialer Lösung 

Die Antragsteller plädierten für einen anderen Umgang: Aufklärung, Schulprojekte, Respekt für den ÖPNV – statt Haft. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2023 würden außerdem 69 Prozent der Deutschen die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens fordern. In Chemnitz bleibt es vorerst beim Strafantrag.